Freitag, Juni 05, 2009

Der Nazi und die Piraten

Nein, es ist definitiv nicht so, dass die Jungs von The Pirate Bay (TPB) nicht zählen können - obwohl man den Verdacht haben könnte, wenn man das offizielle T-Shirt, das die Bit Torrent-Freibeuter zum Beginn ihres Prozesses herausgaben, anschaut.
Neben dem Text „The Pirate Bay versus Time Warner, (...)Fox, Sony (...)zeigte es, im Comicstil gehalten, drei TPB-Eigentümer. Dabei hatte die schwedische Staatsanwaltschaft alle vier Besitzer von TPB, The Pirate Bay, wegen Copyright-Verstößen angeklagt.
Nun, das Fehlen des vierten Mannes ist kein Versehen, sondern bewusste Strategie gewesen, denn schließlich stilisieren sich die Besitzer des Torrent Trackers nun schon seit Jahren durchaus erfolgreich als idealistische Freiheits-Vorkämpfer, und werden weltweit entsprechend stark vom links-alternativen Milieu unterstützt.
Dass Besitzer Nr. 4 allerdings ein ausgewiesener Neonazi ist, ist ein Geheimnis, das die Piraten sehr lange sorgsam gehütet haben – bis er von der schwedischen Staatsanwaltschaft eindeutig als TPB-Mitbesitzer identifiziert und mitangeklagt wurde.
Carl Lundström, so heißt der Mann, dessen Konterfei nicht mit aufs Soli-Shirt durfte, ist in Schweden kein Unbekannter.
Nicht nur, weil er als einer von fünf Erben des Wasa-Konzerns zur Wirtschafts-Elite des Landes zu rechnen ist – der Multimillonär ist ein ausgewiesener Rechtsradikaler. Im Jahr 1986, Pirat Nummer 4 war damals 26 Jahre alt, stand er deswegen sogar vor Gericht, nachdem er gemeinsam mit Skinheads in der Stockholmer Innenstadt ausländische Straßenmusiker angegriffen und einen Chilenen verletzt hatte.
Das Opfer identifizierte ihn später als den Wortführer der Gruppe – Lundström war zu diesem Zeitpunkt Mitglied Nummer A1465 der militant-rassistischen Inititative „Bevara Sverige svensk“ (grob übersetzt: Schweden muss schwedisch bleiben).
In der Folgezeit engagierte sich der Knäckebrot-Erbe bei verschiedenen rechten Parteien und Gruppierungen, finanzierte unter anderem die schwedischen Nationaldemokraten und investierte gleichzeitig in IT-Unternehmen seines Landes, neben einem Online-Fußballspiel-Anbieter und einem Telefonunternehmer eben auch in Pirate Bay. Was die anderen TPB-Inhaber jedoch immer leugneten, jahrelang behaupteten sie, Lundström habe am Anfang nur mit Bandbreite und Logistik ausgeholfen, schließlich habe einer der Piraten damals bei Rix Telekom, einer der Lundström-Firmen, gearbeitet.
Dass der rechtsradikale Millionär in Wirklichkeit einer der Besitzer des Piratennestes ist, wurde konsequent verschwiegen, und spielte auch in der internationalen Berichterstattung über den Prozess keinerlei Rolle.
Dabei hätte man nicht wirklich lang in den Archiven suchen müssen, um aktuelle Beweise für die Verstrickungen Lundströms ins Nazi-Millieu zu finden:Im Februar 2008 war sein engster Mitarbeiter verhaftet worden. Der 30-Jährige hatte gemeinsam mit anderen bewaffneten Mitgliedern der Naziorganisation Nordiska förbundet (NF) das Haus eines Mannes gestürmt, der sich von NF losgesagt hatte..Lundström erklärte damals, er habe gewusst, wo sein Mitarbeiter aktiv ist, aber es habe ihn nicht interessiert.

(Dieser Text erschien zuerst in konkret 6/09)

2 Comments:

Blogger Unknown said...

Ich (der sich durchaus zu besagtem links-alternativen Milieu zählen lassen würde) finde diese Connection auch sehr bedenklich. Die Aussagen, in wie weit Lundström jetzt an der Piratenbucht beteiligt war oder nicht, gehen aber doch je nach Quelle etwas auseinander. Der Spiegel zitiert eine Aussage Lundströms aus dem Prozess, nach der er "nur 'zu marktüblichen Preisen' Dienstleistungen für The Pirate Bay erbracht" habe. Naja, we'll see, hoffentlich irgendwann...

4:20 PM  
Blogger Elke said...

Das mit den marktüblichen Preisen kann eigentlicht nicht stimmen, denn die drei (anderen) Pirate Bay-Besitzer haben vor dem Prozess sinngemäß gesagt, Lundström habe ihnen am Anfang mit Bandbreite und Technik "unter die Arme gegriffen" - das ist auch im schwedischen Original einfach keine Phrase, die man benutzt, um eine Geschäftsbeziehung zu marktüblichen Preisen zu bezeichnen.

Eines steht jedenfalls fest: Sich mit so jemandem einzulassen ist widerlich.

9:09 PM  

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